Was meint Kontemplation?

 

KONTEMPLATION

 Gewahrsein im Wohnraum des Göttlichen!

 

Viele Menschen suchen heute einen spirituellen Weg, der  über das eigene Tiefen-Selbst zur Gotteserfahrung führt. Sie möchten sein in einem Bewusstseins-Prozess der Verwandlung. Diese Erfahrung kann grundsätzlich allen zuteil werden, die sich dazu öffnen. Sie bewährt sich im Alltag, auf vielerlei Weise auch im politischen Handeln. Ein kontemplativer Mensch, der in seiner Haltung sozial barmherzig lebt, verwirklicht das, was er geworden ist.

 

Kontemplation ist in unserer Weggemeinschaft "Wohnraum des Göttlichen" der mystische Erfahrungsweg, der in die tiefe Selbstfindung wie in die Vereinigung des göttlichen Urgundes führen kann. Es geht  hierbei um eine mystische Tiefenerfahrung, die unsere Ratio und unsere Person übersteigt. Kontemplation wird in schweigender Sitzhaltung und achtsamer, absichtsloser, Präsenzserfahrung, wie dies in der Mystik des Abendlandes praktiziert wurde, geübt. Dazu kommen achtsames Gehen, rezitative Mantragesänge wie begleitende Einzelgespräche. Der Übungsweg der kontemplativen Meditation ist in unserer Gemeinschaft ein überkonfessionelles Angebot an alle Menschen, die spirituelle Erfahrungen suchen. Unsere Kontemplationslinie ist eine offene Weggemeinschaft, die auf die persönliche Glaubensausrichtung jedes Einzelnen eingeht und so  nach Wunsch einführt und weiterbegleitet. In der Vermittlung der einzelnen Kontemplationsschulen wird der Kontemplationsweg heute unterschiedlich geübt.

 

Die geschichtliche Grundausrichtung der Kontemplation (= Schau ins „nackte Sein“) ist ein christlich-spiritueller Meditations-Weg. Der auch in den einzelnen Jahrhunderten verschieden eingeübt und gelebt wurde. Dieser beginnt in der mystischen Lebenshaltung Jesu Christi. Seine Worte und Lebensweise finden wir in biblischen Texten, die oft wegweisend sein können. Als Erfahrungsweg wird Kontemplation durch die Jahrhunderte von Wüstenvätern und Wüstenmüttern, über Paulus von Tarsus, Meister Eckhart, die spanische und deutsche Mystik des Mittelalters bis in die Gegenwart bezeugt. Heute, in unserem unruhigen vielfach hektischen Leben, wird dieser achtsame Schweigeweg vielen Menschen zum Heil.

 

 

Tägliche Übungspraxis befreit zum neuen Bewusstsein

 

In der Übung der Kontemplation wird nicht über ein Thema nachgedacht oder ein Gegenstand betrachtet. Sie ist frei von diskursiven Gedanken, Plänen, Vorsätzen. Unsere Übungspraxis der

Kontemplation geschieht in sitzender, absichtsloser Versenkung, angepasster Körperhaltung und leichtem Atemfluss oder mit einem Fokus. Das Bewusstsein identifiziert sich mit keinem Inhalt. So überlässt sich der Übende - befreit von Wort, Bild, Gefühl, Egohaltung - der göttlichen Geborgenheit. In diesem zeitlosen und raumlosen Getragensein geschieht Klärung und inneres Erwachen. Gleichzeitig begreift der Übende in seinem Tiefen-Selbst, wer er in Wahrheit ist.

Diese Schau ins "Nackte Sein", Schauen ins Göttliche Selbst, mündet in die Vereinigung aller Gegensätze. Eine mystische Einheitserfahrung, Erleuchtung oder Gotteserfahrung ist ein klarer Bewusstseinszustand, der fortan die Haltung der Übenden zum Mit- und Selbstsein prägt. Jede Einheits-Erfahrung zeigt sich in der erwachten Personalisierung in der echten Beziehung zu allem, was lebt.

 

Heiliger innerster Raum

 

In den großen Religionen spricht man vielfach von heiligen Bezirken, Teresa v. Avila von heiligen Räumen, die die Seele in der inneren Burg durchschreiten wird bis zum innersten Raum der Mitte, der Wohnung der Weisheit Gottes. In der Mystik der Religionen spricht man  von „Einwohnen im Grund der Seele“, Wohnung nehmen im Raum der göttlichen Weisheit, der erfüllt ist von: Hauch, Atem, Licht, Feuer, Liebe. Mit diesen mystischen Bildern will der Mensch das Symbolhafte, Unsagbare, Wunderbare, Erfülltsein jener Wohnungsmitte aussagen, was kein Auge gesehen und doch erfahrbar werden kann im innersten Raum der Geistmitte des Menschen, im schweigenden Raum der Kontemplation.

In vielen Beispielen des AT und NT wie in alten Kulturen, Sprachen und Symbolen der Menschheit, wird darauf hingewiesen, dass es angemessen ist, über den Geist der Weisheit in Metaphern mit weiblichen Akzenten zu sprechen. Eben die "Weisheit" (Sophia) ist Femininum.

 

Dieser innerste Raum-Bereich in jedem Menschen ist harmonisch, heil wie Heilig, ein Paradies, in dem der Mensch in Wahrheit zu Hause ist. Oft erfährt er dieses zu wenig, weil das Wachsein dafür fehlt. Jedoch die Sehnsucht dort zu sein, fern aller Unrast im Schoß der Weisheit geborgen zu sein, ist unser aller tiefster Wunsch. Hier kann ich Mensch den Anfang mit dem Ende meines Lebens verbinden, hier bin ich ganz im Heilen-Land meiner Seele.

In der Erfahrung kommt das Geborgensein von der göttlichen Weisheit Sophia zum Ausdruck hier im transpersonalen Raum des innersten Seins der Liebe. Die ewige Weisheit hat sich im Menschen ein Haus gebaut, unfassbar heil und schön. Jedoch nicht nur im Innersten des einzelnen Menschen, sondern gemeint ist auch die Heimat allen Lebens, das Haus der ganzen Schöpfung.

 

Dem kontemplativen Menschen wird dies durch sein waches, vertieftes Bewusstwerden wie achtsames Leben im heilen Land der Weisheit geschenkt.

 

Dabei werden Mensch und Welt gewaltfreier, weicher, erlöster, hoffnungsvoller, geistlicher, mütterlicher. Das weibliche Prinzip ist die Trägerin der Weisheit, des geistlichen Lebens. Sie strahlt immer neu als Mitschöpferin ihrem Geist in das gesamte Universums. Das ist Kraftquelle, die in der Stille der Kontemplation jedem zufließt und dadurch weiterströmt in den Alltag. Es ist nicht von ungefähr, dass gerade dieser Weg des Schweigens der Weg unserer Weggemeinschaft geworden ist, den wir tagtäglich zu gehen versuchen, um friedvoll daraus im Heute zu leben.

 

Öffnen wir uns immer wieder dieser Befreiung des heilen Raumes der Geistin,

dem Wohnraum des Göttlichen.

 

In der Tiefe unseres Wohn-Grundes geschieht nie Nichts. Daraus wächst viel Gelassenheit und Ruhe zur Freundschaft mit der Geistin, die uns immer wieder einlädt, ihr Haus, ihre Wohnung ein Leben lang zu bewohnen, zu erneuern, zu verschönern, um daraus erfüllt zu leben. Es ist nicht auszudenken, was mit den Scherben meines Lebens geschehen kann, wenn ich sie der göttlichen Weisheit ganz überlasse.

Für mich ist in all den Jahren des Übens die Geistin eine Freundin geworden, die ich täglich begrüße, mit der ich spreche und die mir Lebensfreude schenkt.

 

"Die Weisheit hat sich ein Haus gebaut" (Sprichwörter 9,1) zu wohnen in unserer Mitte.

 

 

 Die Weggemeinschaft der Kontemplationslinie

"Wohnraum des Göttlichen"

 

Unser Selbstverständnis wie auch der Wunsch unserer jahrelang begleiteten und ernannten Kontemplationslehrer und -lehrerinnen ist: Selbst-Erfahrenes und Personalisiertes unseres gemeinsamen Übungs- und Erfahrungsweges immer neu zu bejahen, unsere Erfahrung  auszutauschen und, wenn gewünscht, einander auf dem Weg zu begleiten. Wir alle haben in diesen Jahren erfahren, dass die Praxis des Kontemplationsweges uns geprägt, verwandelt und erfüllt hat. Wir sind in unserem ganzen Menschsein gewachsen und gereift. Die Tiefe des Erfahrungserkennens hat uns klarer werden lassen und mit Freiheit beschenkt.

Wir wünschen uns gemeinsam ein spirituelles Wachsen in die eigene Tiefe und zu unseren Mit- menschen wie zur ganzen Schöpfung. Bleiben wir offen für alles Leben und gehen wir gemeinsam  und beständig, damit wir das werden, was wir in Wahrheit schon sind: "Wohnraum des Göttlichen“.

 

 

Unser Weg der Selbstfindung

Text zur Lebensübung der Kontemplation

 

Glück findest du nicht mit dem Willen oder durch große Anstrengung.

Das Glück ist immer schon da,

tief in dir,

du wirst es finden durch wache Hingabe im langen Schweigen und Sitzen.

Spüre dich von Anfang an geborgen im göttlichen Grund.

 

Du bist immer von der Tiefe dieses heiligen Raumes umfangen.

Beruhige dich. Es gibt nichts zu tun.

Vielleicht willst du noch zu viel erreichen oder machen wollen.

Bedenke, es geschieht an dir!

Lass deinen Alltag in Liebe stehen, wie er ist.

 

Was im Bewusstsein erscheint, hat zunächst keinerlei Bedeutung beim stillen Sitzen.

Nicht dein Denken kennt den Weg.

Vielmehr folge gelassen deinem inneren Meister und Begleiter.

Darum halte nichts fest, bewerte nichts, leiste und mache nichts.

Atme dein Mantra oder Begleitwort.

Alles Wahre und Große wird dir geschenkt.

 

Lass das innere Lebensspiel in Gelassenheit von selbst entstehen und wieder los,

ohne dich zu ängstigen.

Es leuchtet das Wahre und Gute in dir auf, du wirst es begreifen und beglückt sein.

Aus Schatten wird Licht.

Alles löst sich mit der Zeit in deiner Tiefe von alleine auf und beginnt neu zu werden.

Verwandlung geschieht in dir.

Sei achtsam.

 

Suche nichts, auch nicht dein Glück oder deine Gesundheit oder ...

Das alles sind Regenbögen, die wundervoll aussehen, aber vergänglich sind.

Auch sie lösen sich wieder auf und haben keine Bleibe. So ist es auch mit jedem Glück.

 

Alles, was kommt und geht, halte nicht fest. Das sind Sonnenfenster des Lebens.

Wie erschöpft du dich noch

in Kraft und im Festhalten dieses schönen und oft wunderbaren vergänglich Endlichen.

Das tiefe Glück liegt verborgen in dir,

ersehne es!

Du wirst bald im tiefen Schweigen erfahren und begreifen,

was wahr und wirklich ist. -

 

Sobald du ganzheitlich beginnst, diese Luftschlösser deines Lebens los zu lassen,

um dich dabei selbst zu vergessen,

umfängt dich Gottes Atem.

 Du schaust ins ewige Sein der Liebe,

du bist heil und ganz.

"Wohnraum des Göttlichen" - Licht für die Welt.

Im Jetzt!

Dein ganzes Dasein strahlt Liebe aus.

 

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Info:

Kontakt zur Kontemplationslinie „Wohnraum des Göttlichen“ für Informationen zu Kursen und persönlicher Begleitung:            www.wdg-kontemplation.de

 

Ausdrücklich wird auf das 2014 überarbeitete Werk "Einkehr zur Mitte" von Luitgard Tusch-Kleiner verwiesen, das als Download in der Spalte rechts kostenlos für alle Interessierten zur Verfügung gestellt wird.

 

Luitgard M. Tusch-Kleiner

verheiratet, Dipl.-Soz. Päd., Studium der Entwicklungspsychologie, Mitbegründerin der Weggemeinschaft & Kontemplationslinie "Wohnraum des Göttlichen“, Mitglied im WFdK e.V.

Langjähriges ZEN-Training mit E. M. Lassalle, Kontemplationsschulung mit W. Jäger, u.a.m.

Veröffentlichungen:

(1985) Einkehr zur Mitte, Otto Müller, Salzburg

(1991) Kontemplation – Ein Übungsbuch, Kösel, München

(1997) Gottes Einwurzelung, Dietrich-Coelde, Werl.

Zahlreiche Aufsätze zur Spiritualität in Zeitschriften, Hrsg. von Kleinschriften zur Kontemplation im Eigenverlag.